Was die Geschäftsadresse über das Image eines Startups aussagen kann

Von Jürgen Busch

Letzte Aktualisierung am: 28. Juli 2021

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Für große Interessenverbände, die Hauptstadtrepräsentanzen großer deutscher Unternehmen und auch für die Büros von NGOs gilt ein ungeschriebenes Gesetz: Ohne die Postleitzahl des Berliner Regierungsbezirkes 10117 auf der Visitenkarte ist das politische Mitwirken in der Bundespolitik nahezu unmöglich. Zugeben wird dies natürlich nicht. Für Startups gelten derartige „Gesetze“ ebenfalls nicht. Diese wollen ohnehin auffallen, indem sie aus der Reihe tanzen. Dennoch gilt auch für Startups und Existenzgründer: Die Geschäftsadresse sagt viel aus über das Business und entscheidet unter Umständen über dessen Zukunft.

Selbstverständlich gibt es auch in der BRD bestimmte Hotspots wie etwa im Umfeld der Hamburger Schanze oder in Kreuzberg. Nachhaltig imageprägend ist die Adresse aber nur bei den ganz Großen. Auch ist die Frage, inwieweit eine analoge Geschäftsadresse überhaupt noch in der Lage ist, das Image zu beeinflussen. Hier ein paar Gedanken dazu.

Geschäftsadresse und Image: Vor allem für HR-Marketing von Bedeutung

Angenommen, ein Startup bietet Dienstleistungen, die überwiegend digital vertrieben und beworben werden. Eine Geschäftsadresse in prestigeträchtigen Stadtteilen deutscher Metropolen ist dann wohl kaum essentiell für den Geschäftserfolg. Was Startups aber bedenken sollten, insbesondere dann, wenn die erste kritische Phase der Etablierung am Markt durchlaufen wurde und es auch darum geht, qualifiziertes Fachpersonal für ein weiterhin erfolgreiches Wachstum anzuwerben: Für neue Mitarbeiter und die Erweiterung des Teams spielt die Geschäftsadresse durchaus eine wichtige Rolle.

Qualifizierte und gut ausgebildete Fachkräfte möchten ihre Mittagspausen gerne in einem hippen Viertel mit großem kulinarischen Angebot und einladenden Cafés verbringen. Wenn also auf Ihrer Visitenkarte eine Straße aus dem bunten und lauten Stadtteil Köln Ehrenfeld geprägt ist, haben Sie deutlich bessere Chancen, studentische Mitarbeiter zu gewinnen als mit einer Prägung rechtsrheinischer Gebiete Kölns. Übrigens: Gerade in Gebieten mit hoher patriotischer Verbundenheit, ist es ratsam das lokale Wahrzeichen auf eine hochwertige Visitenkarte mit Prägedruck abzubilden. Damit teilen Sie die emotionale Verbundenheit mit dem Adressaten und haben sofort einen Sympathie-Bonus.

Doch Vorsicht: Diese Strategie funktioniert in der Regel nur in Gebieten, die nicht als Melting Pot für Pendler aus benachbarten Orten fungieren.

Gratwanderung in der Gründungsphase

Die Startup-Szene in Deutschland ist klein und konzentriert. Junge Unternehmer, Fachkräfte und Kapitalgeber konzentrieren sich trotz Digitalisierung an wenigen Orten. Ist es für den Geschäftserfolg essentiell, als Teil dieser Szene wahrgenommen zu werden, so ist eine Adresse im direkten Umfeld unverzichtbar. Diese muss jedoch keinesfalls auch der Hauptsitz eines Unternehmens sein, sondern dient sozusagen als PR-Stützpunkt. Bei der Wahl einer virtuellen Geschäftsadresse sollte man jedoch aufpassen, dass das Geschäft nicht als Briefkastenfirma für Geldwäsche eingeschätzt wird.

Gerade bei Kreativen und Freiberuflern ist der tatsächliche Ort der Tätigkeit oft ein anderer als die offizielle Adresse, die der PR des Freiberuflers dienen soll. In diesem Zusammenhang ist es auch interessant, die Image-Frage mal aus einer anderen Perspektive zu beleuchten: Wird unter Mitarbeitern und Unternehmen gemeinhin angenommen, dass die Adresse das Image beeinflusst und das Unternehmen am liebsten in einem der Epizentren der Startup-Szene liegen sollte, so sieht dies aus der Sicht von Venture-Kapitalgebern wieder anders aus. Zwar spielt auch für diese Stakeholder das Image eine wichtige Rolle, über Finanzkennzahlen und andere Merkmale eines Unternehmens täuscht dieses jedoch nicht hinweg.

Und: Investoren möchten sparsame Unternehmer sehen, die mit das Kapital bewusst und sinnvoll einsetzen. Statt pompöser und repräsentativer Geschäftsadresse kann hier ein unauffälliger Hinterhof in der Wachstumsphase beeindruckender sein. Ein Kapitalgeber möchte lieber einen CEO sehen, der vorsichtig und sparsam agiert. Dazu gehört beispielsweise der Nachweis über günstige Versicherungen. Gerade Freiberufler und Startups sind oft sehr nachlässig, wenn es darum geht, den laufenden Betrieb gegen mögliche Schäden abzusichern. Das kann fatal sein, denn viele Investoren sind sehr auf Sicherheit und Risikominimierung fokussiert.

Für Finanzierungsrunden sollten Sie die Vorlieben möglicher Investoren kennen: Was ist förderlicher, um Kapitalgeber für ein Startup zu gewinnen? Die Fokussierung auf hippe Trendbezirke als Hauptsitz, oder die Unterhaltung einer kleinen Dependance in der Nähe und einem Hauptsitz in einer der „Gewerbesteueroasen“ der Bundesrepublik?

Image ist kein rein oberflächliches Kriterium

Es lässt sich feststellen, dass die Adresse zwar für Mitarbeiter und im direkten Vergleich innerhalb der Szene eine gewisse Bedeutung hat. Gegenüber Kunden und Kapitalgebern ist die Imagewirkung der Adresse jedoch, sofern das Angebot keinen besonderen lokalen Bezug hat, zu vernachlässigen. Eine Adresse in jenen Gemeinden, welche die niedrigsten Hebesätze der Gewerbesteuer haben, konstruiert gegenüber Kapitalgebern sogar ein positives Image. So unterstreicht bereits die Wahl einer solchen Adresse, dass neben generellem Marketing auch finanzielle Fragestellungen im Gründungsprozess bedacht wurden.

Natürlich kann der Eingang Ihrer Geschäftsadresse so aussehen. Ob Sie damit aber weit kommen, hängt oft von Ihrer Branche und den Erwartungen Ihrer Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunden ab.

Für den Erfolg oder Misserfolg eines Startups spielt die Adresse aber zunächst eine eher untergeordnete Rolle. Auch sollten sich Gründer nicht von dem Umstand blenden lassen, dass viele andere, auch etablierte Unternehmen, prestigeträchtige Geschäftsadressen unterhalten. An den bekannten Straßen der Republik, wie der Düsseldorfer Königsallee, der Münchener Maximilianstraße oder dem Berliner Kurfürstendamm sind über diverse Business Center tausende Firmen an repräsentativen Adressen vertreten. Die meisten dieser Firmen jedoch nur durch einen Briefkasten.

Je nach Branche und Zielgruppe gibt es aber Must-have-Adressen, etwa im Mode-Bereich, bei LGBTQ-Communities und in Kunst-Szenen. Doch auch hier gibt es zahlreiche Beispiele, die zeigen, dass Talente nicht immer in die Großstadt ziehen müssen, um erfolgreich zu werden.

Vorsichtiges Fazit: Die Adresse nicht überbewerten

Sicherlich lassen sich immer noch viele Kunden und Stakeholder von eigentlich irrelevanten Details wie der Adresse beeinflussen. Doch durch die Digitalisierung lassen sich „Blender“ bei Bedarf schnell entlarven. Natürlich weiß jeder, dass man eine Geschäftsadresse mieten kann. Und dank Google lässt sich die virtuelle Geschäftsadresse schnell und einfach erkennen. Die prestigeträchtige Adresse wirkt sich dann im Zweifelsfall nicht mehr positiv aus, sondern schlägt ins Gegenteil um. Hier schließt sich auch der Kreis zum eingangs genannten Beispiels aus dem Berliner Regierungsbezirk. Völlig irrelevant ist eine Adresse nicht, anders als im politischen Bereich, existieren aber keine informellen Gesetze über die „richtige“ Adresse für Startups. Auch findet ein Großteil des Geschäftsverkehrs auf Messen, Kongressen oder auch bei Kunden statt.

Übrigens: Im Berliner Regierungsbezirk werden auch kleine Einzelbüros gern als „Hauptstadtbüro“ oder „Hauptstadtrepräsentanz“ bezeichnet. Auf der Visitenkarte liest sich das beeindruckend. Was gut klingt, kann aber auch schnell in die Hose gehen. Sobald Sie einen Kunden oder Geschäftspartner in Ihr Büro einladen, sollten Sie auch optisch das halten können, was Ihre Visitenkarte verspricht. 

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Über den Autor

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Jürgen Busch

Als Autor und Internetunternehmer verfasste Jürgen Busch zahlreiche Beiträge für dieses Ratgeber-Portal. Im Fokus standen die Themenbereiche Existenzgründung, Marketing, Akquise und Honorare für Freiberufler aus dem Medienbereich. Als glücklicher Opa von fünf Enkelkindern betreibt er heute Ratgeber-Portale für die Zielgruppe „Oma & Opa“. Grossvater.de ist dabei sein Lieblingsprojekt.

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