Zahlungsverzug: Wissenswertes zu Mahngebühren und Verzugszinsen

Letzte Aktualisierung am: 26. November 2025

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

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Eine verspätete Zahlung – sei es das Gehalt oder eine offene Rechnung – kann für beide Seiten unangenehme Folgen haben. Doch welche Kosten dürfen Unternehmen wirklich in Rechnung stellen und welche Rechte haben Sie als Arbeitnehmer oder Verbraucher? Dieser Leitfaden klärt die wichtigsten Fragen rund um Mahngebühren und Verzugszinsen.

Der erste Schritt: Wann gerät man in Zahlungsverzug?

Bevor Mahngebühren oder Zinsen anfallen können, muss rechtlich ein „Zahlungsverzug“ vorliegen. Das geschieht in der Regel auf zwei Wegen:

  • Durch eine Mahnung: Der Schuldner erhält eine eindeutige Zahlungserinnerung für eine bereits fällige Rechnung.
  • Automatisch nach 30 Tagen: Steht auf der Rechnung ein Fälligkeitsdatum (z. B. „zahlbar bis 31.10.2025“), tritt der Verzug nach Ablauf dieser Frist automatisch ein. Ohne ein solches Datum gilt eine gesetzliche 30-Tage-Frist nach Erhalt der Rechnung (siehe hierzu § 286 Abs. 3 BGB). Wichtig für Verbraucher: Auf diese 30-Tage-Regel muss in der Rechnung explizit hingewiesen werden.

In der Praxis: Kürzere Fristen wie 7 oder 14 Tage sind zwar möglich, müssen jedoch vorab vertraglich vereinbart sein und können nicht einseitig festgelegt werden.

Wann beginnt der Zahlungsverzug?

Der Verzug beginnt nicht automatisch mit Erhalt der Rechnung, sondern muss ausgelöst werden. Dafür gibt es verschiedene Wege: (siehe Merkblatt Zahlungsverzug IHK Frankfurt am Main)

  1. Verzug durch Mahnung: Der Gläubiger schickt nach Fälligkeit eine Mahnung. Der Verzug tritt mit Erhalt der Mahnung ein.
  2. Verzug durch Fälligkeitsdatum (z. B. 14 Tage): Wenn auf der Rechnung eine kalendarisch bestimmte Frist steht (z. B. „zahlbar bis 15.10.“ oder „zahlbar innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungsdatum“), tritt der Verzug automatisch am Tag nach Ablauf dieser Frist ein – also am 16.10. oder am 15. Tag. Dies gilt aber nur, wenn diese Frist auch so vereinbart wurde.
  3. Verzug durch die 30-Tage-Regel (gesetzlich): Wenn kein Fälligkeitsdatum (wie in Punkt 2) festgelegt ist, greift die gesetzliche Regelung: Der Verzug tritt automatisch am 31. Tag nach Fälligkeit und Rechnungszugang ein. Bei Verbrauchern gilt dies nur, wenn sie auf diese Folge in der Rechnung extra hingewiesen wurden.

Die Folgen des Verzugs: Zinsen und Mahnkosten

Ist der Verzug eingetreten, kann der Gläubiger Ansprüche geltend machen:

  • Verzugszinsen: Dies ist ein gesetzlich geregelter Schadensersatz für die verspätete Zahlung. Die Höhe ist an den Basiszinssatz gekoppelt, der halbjährlich von der Deutschen Bundesbank neu festgelegt wird.
    • Für Verbraucher beträgt der Zinssatz 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
    • Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen sind es 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
  • Mahngebühren: Hierbei handelt es sich um den Ersatz für den tatsächlich entstandenen Aufwand (z. B. Porto und Papier). Pauschale Gebühren sind oft unzulässig.

Ein Beispiel aus der Praxis: Der Finanzvermittler ONESTY Finance verzichtete nach einem Anerkenntnisurteil freiwillig auf Mahngebühren, um gegenüber seinen Kunden klar und transparent zu sein.

Die Regeln im Detail: Wer darf was fordern?

Die rechtlichen Rahmenbedingungen unterscheiden sich je nach Situation erheblich.

Fall 1: Verspätetes Gehalt (Arbeitsrecht)

Erhält ein Arbeitnehmer sein Gehalt zu spät, besteht ein klarer Anspruch auf Verzugszinsen. Die Geltendmachung einer Mahnpauschale ist jedoch ausgeschlossen. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 25.09.2018, Az. 8 AZR 26/18) entschied, dass die im Zivilrecht verankerte 40-Euro-Verzugspauschale (§ 288 Abs. 5 BGB) im Arbeitsrecht nicht gilt. Grund dafür ist die spezielle Regelung im Arbeitsgerichtsgesetz (§ 12a ArbGG), die eine Erstattung von Rechtsverfolgungskosten in der ersten Instanz ausschließt.

Wenn die Lohnverspätung nachweislich finanzielle Schäden verursacht, muss der Arbeitgeber dafür aufkommen. Konkret bedeutet das die Übernahme von Kosten wie Dispozinsen oder Gebühren für einen Überbrückungskredit. Dass dies weitreichende Folgen haben kann, zeigt ein Fall vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Eine Mitarbeiterin erhielt ein geringeres Elterngeld, weil ihr Lohn zu spät kam und nicht mehr in die Berechnung einfloss. Der Arbeitgeber wurde dazu verurteilt, diese Differenz zu erstatten. (Siehe hierzu steuertipps.de)

Fall 2: Rechnungen an Verbraucher (B2C)

Wenn eine Privatperson eine Rechnung nicht pünktlich bezahlt, darf ein Unternehmen Mahnkosten berechnen. Der Rahmen für diese Kosten ist begrenzt.

  • Keine 40-Euro-Pauschale: Die Pauschale aus dem Geschäftsverkehr (B2B) ist hier unzulässig.
  • Nur tatsächliche Kosten: Zulässig sind lediglich die Material- und Portokosten für den Versand der Mahnung. Gerichte sehen hierfür Beträge zwischen 2,50 Euro und maximal 7,50 Euro als angemessen an. Gesetzlich wurde keine Obergrenze festgelegt.
  • Erste Mahnung meist kostenfrei: Eine erste Zahlungserinnerung sollte in der Regel keine Gebühren enthalten.
  • Unwirksame AGB: Höhere pauschale Mahngebühren, die oft in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verankert sind, sind in der Regel unwirksam und müssen nicht bezahlt werden.

Insbesondere die Arbeitszeit des Gläubigers dürfen nicht als Mahnkosten berechnet werden.

Fall 3: Sonderfall Versicherungen (präzisiert)

Im Versicherungsrecht gelten beim Zahlungsverzug besondere Vorschriften. Bleibt die Beitragszahlung aus, kann der Versicherer nach einer sogenannten qualifizierten Mahnung Maßnahmen ergreifen, die über bloße Mahngebühren hinausgehen.

Rechtsgrundlage:
Seit der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) im Jahr 2008 ist der Zahlungsverzug bei Folgeprämien in § 38 VVG geregelt (früher in § 39 VVG a.F.). Die alte Fassung (§ 39 VVG a.F.) enthielt vergleichbare Regelungen, wurde aber im Zuge der Gesetzesmodernisierung aufgehoben und inhaltlich neu gefasst.

Zentrale Punkte der Regelung:

  • Der Versicherer darf erst dann vom Vertrag zurücktreten oder den Versicherungsschutz aussetzen, wenn er den Versicherungsnehmer schriftlich gemahnt hat.
  • In dieser Mahnung muss eine Zahlungsfrist von mindestens zwei Wochen gesetzt werden (§ 38 Abs. 1 VVG).
  • Außerdem ist der Versicherungsnehmer ausdrücklich auf die Folgen der Nichtzahlung hinzuweisen – insbesondere darauf, dass der Versicherungsschutz bei Fristversäumnis ruhen kann (§ 38 Abs. 2 VVG).
  • Wird die Zahlung innerhalb der Frist nachgeholt, lebt der Versicherungsschutz wieder auf (§ 38 Abs. 3 VVG).

Wird trotz qualifizierter Mahnung nicht gezahlt, kann die Versicherung den Vertrag kündigen oder leistungsfrei werden. Das ist der entscheidende Unterschied zu einer gewöhnlichen Warenrechnung – hier geht es nicht nur um Verzugszinsen, sondern um den möglichen Verlust des Versicherungsschutzes.

Was tun bei einer Mahnung? Eine Kurzanleitung

  1. Forderung prüfen: Ist die Rechnung korrekt und die Zahlung tatsächlich überfällig?
  2. Mahnkosten analysieren: Wurden nur geringe Portokosten berechnet oder eine unzulässige Pauschale?
  3. Schriftlich widersprechen: Der unstrittige Rechnungsbetrag wird gezahlt und den zusätzlichen Gebühren schriftlich (beispielsweise per E-Mail) widersprochen.
  4. Hilfe suchen: Bei Unsicherheiten bieten Verbraucherzentralen, Schlichtungsstellen oder ein rechtlicher Beistand Unterstützung.

Das Ignorieren von Mahnungen kann zu ernsten Konsequenzen wie Inkasso-Verfahren, einem gerichtlichen Mahnbescheid oder Lohnpfändungen führen. Daher sollten Betroffene bei Zahlungsschwierigkeiten  frühzeitig das Gespräch mit dem Gläubiger suchen, um Lösungen wie eine Ratenzahlung zu finden.

Als Zusammenfassung: Ihre Rechte im Überblick

  • Arbeitnehmer haben bei verspätetem Gehalt Anspruch auf Verzugszinsen, aber nicht auf eine Mahnpauschale.
  • Verbraucher müssen nur die real entstandenen Mahnkosten (Porto/Papier) begleichen, keine Fantasiegebühren.
  • Die 40-Euro-Pauschale gilt nur im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen, nicht gegenüber Privatpersonen.
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